MORE MIT KRÜCKEN FLIEGEN...

Der Essay beschäftigt sich mit zwei Themen: Wel­che Auswirkungen hat das Credo »Weniger ist mehr« in­klusive einer allumfassenden ästhetischen Reduktion auf den Körper? Und: Welches Verhältnis hatte Beckett zum akustischen Universum?
Die Körper seiner Helden sind versehrt, lädiert, nur eingeschränkt funktionstüchtig. Dennoch widmet er ihnen große Aufmerksamkeit. Das ist auffällig. Er scheint sie zu mögen. Die Einschränkung scheint ihnen und ihm so etwas wie einen Schutzraum zu garantieren: vor den alltäglichen Anforderungen un­serer Zivilisation.
Die Behinderungen seiner Figuren werden niemals denunziert, im Gegenteil: Zuneigung ist spürbar, denn die Einschränkung ihrer Bewegungsfreiheit wird nicht als Verlust geschildert, sondern als Mög­lichkeit, die Details des Verbliebenen umso genauer und ge­nüß­licher aufzufächern.
Diese Ambivalenz zwischen Verlust und Gebor­gen­heit, im Verhältnis zur Musik wird sie zur Gleich­zeitigkeit von Trost und Qual. Musik: das ist Wie­genlied und sind Stimmen im Kopf zugleich; das sind schlurfende Schritte, die beruhigen und Ein­flüs­te­run­gen, die verwirren. Manchmal werden sie zu Wie­der­holungen, auch sprachlichen, die dann schließlich doch Variationen sind, als Selbst­ver­gewisserung. Dem Schweigen etwas ablauschen; die inneren Stim­men in Musik überführen: Immer sind es Strenge und Absurdität gleicher­maßen, die die Protagonisten durch­schütteln.
Bis schließlich die Klänge und die Worte den Körper verlassen, autonom werden.

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