Diese literaturwissenschaftliche Arbeit untersucht einschlägige Eßszenen in der Literatur des 20. Jahrhunderts.
Ausgangspunkt ist die These, daß die Sexualität das Tabu des 19., der Tod hingegen das Tabu des 20. Jahrhunderts darstellt. Die Literatur läßt nun die Geschichte dieser jeweiligen Ausgrenzungen beredt werden. Auch beim vermeintlich Lebensbejahendsten, der Nahrungsaufnahme kommen diese Tabus zur Sprache. Wie in einer barocken Allegorie sitzen Tod und Eros mit an der Tafel, bis die Lust fast vollständig vom Tod verdrängt wird. Die klassische Verbindung von Eros und Essen, wie sie im 19. Jahrhundert im »erotischen Mahl« noch gegenwärtig war, weicht einer bestürzenden Vermischung des Todes mit der Nahrungsaufnahme und den Formen ihrer Zeremonie... Um 1900 beginnt das Essen aus der Ordnung der Lüste herauszukippen und die Front zu wechseln. Zerstörung, Ekel und Tod nisten sich in ihm ein... In der zunehmend totaleren Verdrängung des Todes vollzieht sich eine unheimliche und unaufhaltsame Vervielfältigung seiner Präsenz. Ihn zu verbannen heißt, ihn dort ahnungslos zu zitieren, wo sein Terrain nicht zu sein scheint - im Essen...
Davon berichtet die Untersuchung von Stefan Hardt.
Ein solches Thema ist in der Literaturwissenschaft nahezu inexistent. Was mit dieser Arbeit unternommen wird, ist das Beschreiten einer terra incognita.*
*Hartmut Böhme: aus dem Vorwort zu Tod und Eros beim Essen